Medienmitteilung des Zürcher Frauen*streikkollektivs zur Stadtverschönerung

Foto des Arbeiterdenkmals auf dem Helvetiaplatz die Männer sind mit Tücher weggepackt aus der Tasche der Frau hängt eine lange LIste mit Streikforderungen

Medienmitteilung des Zürcher Frauen*streikkollektivs zur Stadtverschönerung

Heut Morgen früh sind die Statuen dieser Stadt aus ihrer Starre erwacht. Sie können und wollen dem patriarchalen Geschehen in diesem Land nicht mehr weiter zusehen. Sie solidarisieren sich allesamt mit den Forderungen des feministischen Streiks und verweigern ab sofort die ihnen zugewiesene, in Blei gegossene, in Stein gemeisselte Rolle.

So haben Nuria und Katrin an der Rämistrasse entschieden, dass sie für den Rest ihres Lebens genug geschuftet haben und ab heut dem ‚Dolce Vita’ frönen werden. Bezahlen sollen dieses neue Leben ihre Bosse. Denn all die letzten Arbeitsjahre hatten sie 20% weniger Lohn bekommen als ihre männlichen Kollegen. Sie meinen: «Spinnts Eu eigentlich!»

So haben Frau und Mädchen auf dem Helvetiaplatz entschieden, die Herren vor ihnen wegzupacken, um sich Platz für ihre mehrere Meter lange Forderungsliste zu nehmen. Auf dieser fordern sie unter anderem: «Keine Frau* ist illegal. Kollektivierung der Care-Arbeit. Gleichen Lohn für jedes Geschlecht. Stop Racial Profiling. Lohn für Hausarbeit. Stop sexual violence. Ni una menos. Mi cuerpo es mio.» und «Jin jiyan azadi!» – Und vieles mehr.

So macht Paula vor dem Restaurant Terrasse heute blau – und vielleicht auch den Rest ihres Lebens, denn 40 Jahre lang hat sie sich als Bekannte, Schwester, Partnerin, Tochter, Cousine und Enkelin für ihre Mitmenschen eingesetzt, sie gepflegt, bekocht, für sie geputzt und sie umsorgt. Und als Arbeit gilt das alles nicht? Sie sagt: «Ihr könnt mir mal in die Schuhe blasen: Ich streike.»

So rennt Reto soeben von seiner pflegebedürftigen Mutter los, durch halb Oerlikon, in die Kita, um die Kids abzuholen: «Puuahh ist das ein Stress! Und das gilt nicht mal als Arbeit!» Er unterstützt deshalb den Frauen*streik und die Forderung «Lohn für Hausarbeit».

So haben sich gleich mehrere Frauenstatuen in der ganzen Stadt eine PussyRiot-Mütze übergezogen, um sich mit der russischen Frauenbewegung zu solidarisieren und zugleich darauf hinzuweisen, dass auch in der Schweiz tagtäglich Frauen zu Objekten degradiert und sexistisch angemacht werden, dass auch hierzulande Frauen* ermordet werden, weil sie Frauen* sind, dass Vergewaltigung in der Ehe in der Schweiz erst seit wenigen Jahren strafbar ist und dass nach wie vor nur ein Bruchteil der Fälle sexueller Belästigung (ob am Arbeitsplatz oder in der Familie) bis hin zu Vergewaltigung strafrechtlich verfolgt wird. Sie alle rufen: «Ni una menos! Unsere Körper gehören uns!»

Und wieder andere Frauenstatuen machen ihrem Ärger, dass das Wissen rund um die weibliche Sexualität noch heute gar nicht – oder wenn dann falsch oder nur ungenügend weitervermittelt wird. So wurde auch 2018 die Klitoris in einem umstrittenen Sexualkundelehrmittel zensiert. Der weibliche Orgasmus wurde immer wieder vom männlichen Genital abhängig gemacht und die Macht der Männer über die weibliche Lust zementiert. Sie alle rufen: «Die Klitoris ist das Organ, das für unsere eigene Lust da ist – diese ist AUTONOM!»

Derweil sich «der Arbeiter» vor dem Unia-Gebäude fit macht für die nächsten 30 Jahre Hausarbeit – und hofft darauf, dass ihn seine Frau finanziell unterstützt, weil ihm durch die unbezahlte Arbeit Beiträge für die Altersvorsorge fehlen werden.

Während die wehrhafte Zürcherin Elisa, auf dem Lindenhof, ob Schweizer Politik und Wirtschaft schlicht und einfach nur noch staunen kann: «Jetzt stehe ich da schon seit über 350 Jahren, werde verehrt, weil ich mit meinen Kolleginnen das Österreichische Heer aus Zürich vertrieben hab – und bekomme noch immer nicht denselben Lohn wie meine männliche Kollegen. So was von heuchlerisch!»

Ganymed am Bürkliplatz setzt zusammen mit seinem Freund zum Abflug an: «Mein liebster Freund, lass uns fliegen, weit, weit, weg, in die Zukunft, die kein Patriarchat und keine Heteromacker kennt; in die neue Welt, in der Menschen nicht nach ihrem Geschlecht beurteilt und Beziehungen und Liebschaften gelebt werden können, ohne Gewalt und ohne Machtgefälle. Doch davor, mein lieber Freund, fliegen wir zum feministischen Streik, am 14. Juni. Denn die Zukunft beginnt in der Gegenwart!»

Aus all diesen Gründen und vielen mehr: Raus zum feministischen Streik am 14. Juni!

Wir sind dem Patriarchat noch immer eine doppeltgezackte Nervensäge – denn wir sind viele, vielseitig und zahnreich!

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